Derrida

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Die Ansicht, dass es sich beim Menschen um freie und eigenständige Individuen handelt, stellt sich bei näherer Betrachtung als Irrtum heraus. Der Mensch ist seit seiner Geburt in Umstände verstrickt, die ihm vorausgehen und von allem Anfang an bedingen. Diese Umstände hängen eng mit den herrschenden Epistemen, mit dem je spezifischen Wissen einer Epoche, und also der Sprache zusammen.

Was ein Mensch ist, lässt sich so nicht erfahren. Der andere ist niemals vollkommen und einfach da. Wir können auf ihn (wie -- übrigens auch -- auf uns selbst) nur mithilfe von Sprache zugreifen. Barthes nimmt dies zum Anlass, das innere Etwas eines Menschen als Wörterbuch zu bezeichnen, "dessen Wörter sich immer nur durch andere Wörter erklären lassen" (Barthes 2000, 190).

Wir konstruieren eine Geschichte um den anderen herum, die uns dabei behilflich sein soll, ihn besser zu verstehen. Wir zwingen den anderen in eine kausallogische Matrix hinein: Auf diese Weise hoffen wir klären zu können, weshalb der andere so und nicht anders handelt. Jede Sichtweise auf ihn bleibt dabei unvollständig und hat zwangsläufig den Status einer Interpretation.

Für die Lektüre von (Derridas) Texten hat dies keine Auswirkung. Wie Roland Barthes in seinem berühmten Aufatz "Der Tod des Autors" ausführt, spricht nämlich einzig und allein der Text, oder besser gesagt: die Sprache, mit uns. Der Autor ist -- von Beginn an -- nur als Abwesender anwesend. Nicht zuletzt darin zeigt sich die Verwandschaft zum Denken Derridas: "Die Abwesenheit des Autors macht es ganz überflüssig, einen Text 'entziffern' zu wollen. Sobald ein Text einen Autor zugewiesen bekommt, wird er eingedämmt, mit einer endgültigen Bedeutung versehen, wird die Schrift angehalten" (Barthes 2000,191).

Barthes hat dabei bereits das endlose Spiel von Verweisungen im Sinn, das für Derridas Schriftbegriff noch wichtig sein wird.

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